Mostzentrum Hüniken -  Da, wo Blühendes ausgereift flüssig wird!
Hier lernen angehende Moster viele Tricks für den
 
goldenen Saft ab Presse
 
 
 Im Mostzentrum von Walter und Beatrice Gloor hat die Saison begonnen. Jährlich werden 50 000 bis 80 000 Liter produziert. Zudem unterrichtet Gloor Moster-Lehrlinge. Den Betrieb bezeichnet er als seine Altersvorsoge. Reportage der Solothurner Zeitung vom 19. September 2013 von Urs Byland.
 Beinahe jeder Bauernhof hat aktuell Äpfel ausgeschrieben. Einige Bauern bringen ihr Obst auch zu Beatrice und Walter Gloor nach Hüniken. Dieser verarbeitet die Äpfel zu Most. Es darf auch mal ein Harass Trauben dazugepresst werden oder warum nicht Himbeeren. Dann steht der gebürtige Aargauer Walter Gloor stirnrunzelnd vor seiner Siebbandpresse, in der Hand ein Blatt Papier und darauf das Rezept des Obst- und Beerenlieferanten, das er doch bitte befolgen sollte.

Walter Gloor lacht zu den Moster-Lehrlingen, die sich in seinem Betrieb zu einem Kurs eingefunden haben. Gloor erteilt praktischen Unterricht im Modul Obstverarbeitung in der Ausbildung der angehenden Bauern und Moster. Die Männer und Frauen absolvieren ihre Ausbildung an der bernisch-kantonalen Gartenbauschule in Oeschberg in Koppigen und lernen bei Gloor, wie die Siebbandpresse funktioniert und unterhalten werden muss. Gloor arbeitet auch mit dem solothurnischen bäuerlichen Bildungszentrum Wallierhof zusammen.

Walter Gloor: «Als ich alles selber machen wollte»

Seit 1978 mostet Walter Gloor. Damals kaufte er den Hof mit etwas Umschwung in Hüniken, um selber produzieren zu können. «Das war in meiner Longo-Mai-Zeit, als ich alles selber machen und ja nichts mit Geld zu tun haben wollte.» Im ersten Herbst hatte er eine reiche Apfelernte und suchte eine Mosterei. Im nächsten Sommer kaufte er sich eine einfache, alte Korbpresse. Von Beginn an betrieb er das Mosten kommerziell. Bald brachten Bauern ihre Äpfel zu Walter Gloor. Er erarbeitete sich einen guten Ruf als Moster, auch wenn zu Hause nicht alles so ablief, wie man sich dies auf dem Lande gewohnt war. «Ich ging arbeiten. Er blieb daheim. Er ist aber beim Wallierhof eingestiegen, gab Kurse und hat sich auch zum Geflügelrichter weitergebildet», berichtet seine Frau Beatrice. Es habe dann gebessert, als man ihren Mann heuen sah. «Ah, das kann er, hiess es im Dorf.» Nach einigen Jahren erwarb er eine Packpresse. Hier wird das geschnitzelte Obst, die Maische, in Tüchern verpackt zwischen Brettern gepresst. 1999 wagte er den Ausbau, kaufte eine Siebbandpresse und baute einen Produktionsbetrieb. «Entweder höre ich mit Mosten auf, oder ich baue mir zu meinem 50. Geburtstag noch eine Mosterei», war damals seine Überlegung. «Die Mosterei war dann mein Geburtstagsgeschenk.» (uby)

Die Mosterei sei seine Altersvorsorge, berichtet der jung gebliebene 66-Jährige mit den grauen Wuschelhaaren den Kursteilnehmern. 1999 habe er sich entschieden, einen Mostereibetrieb einzurichten, anstatt Geld für die 3. Säule einzuzahlen. «Heute gehört dieser mir.» Entstanden ist neben dem Bauernhof ein Produktionsbetrieb in einem zweckmässig eingeteilten Betongebäude, das einer kleinen Autogarage nicht unähnlich ist. Er habe stark darauf geachtet, dass er wenig hochstemmen muss, und arbeitet mit dem Gabelstapler.

Das Mosten sei dennoch mit etlichen Belastungen verbunden, ist dem Gespräch seiner Frau Beatrice Gloor mit Max Kopp, dem Ausbildungsverantwortlichen vom Oeschberg, zu entnehmen. Dazu gehören die Lärmbelastung, beispielsweise durch die Häckselmaschine im Produktionsraum, und der intensive Umgang mit Wasser und Säften. Beatrice Gloor nickt: «Aber er liebt diese Arbeit.» Später, als in einer Fragerunde Max Kopp nachhakt, die heiklen Punkte im Betrieb wissen will, gibt Walter Gloor zu: «Heute würde ich die Häckselmaschine baulich vom übrigen Betrieb abtrennen.»

Heute ist etwas trüber Most Mode

Dann wird gemostet. Walter Gloor tut dies dienstags und donnerstags, am Mittwoch und Freitag pasteurisiert er. In der Hochsaison opfert er zudem Samstag und Montag. 50 000 bis 80 000 Liter Most produziert er jährlich. Noch ist der Andrang gering. Vom Morgen hat er eine Ladung Äpfel übrig gelassen, die nun in den Häcksler geführt wird.

Ohrenbetäubender Lärm ertönt. Die Kursteilnehmer, manche mit der typischen Plastikschürze in der Hand, verfolgen den Weg des Obsts in der Maschine. Die zerhackten Äpfel (Maische) werden zwischen Walzen und einem breiten Siebband durch die Maschine geführt. Dabei tritt die Flüssigkeit durch das Siebband aus und wird aufgefangen. Nach etlichem Walzen ist die Maische trocken und fällt als Trester vom Band in eine Kiste.

Walter Gloor zeigt alle Tricks, die er im Laufe der Jahre mit der Siebbandpresse und der weiteren Verarbeitung des Rohgutes erworben hat. Dazu gehören Kleinigkeiten wie ein besonders geformtes Absaugrohr, mit dem er dafür sorgt, dass nur der Saft, nicht aber der Satz aus den Kesseln abfliesst. Er zeigt, wie er das Enzym mischt, das für die Klärung des Saftes sorgt. Wie er dosiert, damit der Kundengeschmack - ein wenig trüb, klarer Mostsaft war in der Vergangenheit das höchste der Gefühle - getroffen wird. Und vieles mehr.

Verwässerter Most

«Ihr helft putzen, wurde mir versprochen.» Walter Gloor schmunzelt und die Kursteilnehmer auch. Trotzdem ziehen sie nun ihre Plastikschürze über. Das Putzen ist ein wichtiger Teil der Produktion. «Lieber gleich nach dem Mosten und nicht am nächsten Tag», mahnt er, steigt die Maschine hoch zum Häcksler und beginnt, mit Wasser die Reste wegzuspülen.

Wieder gehen Fragen und Antworten hin und her. Wie oft soll etwa das rund einen Meter breite, blaue Siebband gespült werden? Gloor macht es einmal am Tag. Denn mit dem Spülen bleibt auch Wasser im Sieb zurück und verwässert den Saft. Nicht bei Walter Gloor. Wie um dies zu unterstreichen, ist vor der Mosterei ist eine Kundin zugefahren und kauft einen Kanister Most.

(az Solothurner Zeitung)